Kein Regelfall fürs Wechselmodell

Es scheint vorerst wieder vom Tisch zu sein. Die Forderung nach einem gesetzlichen Regelfall für ein Wechselmodell. Die FDP schlägt das Wechselmodell als neues Leitbild nach der Trennung der Eltern vor. Was in einigen europäischen Ländern bereits der Fall ist: Norwegen, Schweden, Belgien, Frankreich, Tschechien, Spanien, Italien und der Schweiz.

Familienministerin Giffey sprach sich weiterhin für eine Einzelfallentscheidung aus. Zur Augsburger Allgemeinen sagt sie: „Deshalb verbietet sich aus unserer Sicht für den Fall einer Trennung der Eltern eine einheitliche gesetzliche Regelung, wie das Leben danach gestaltet wird.“ Und behält meines Erachtens damit völlig Recht. Denn kein Gesetzgeber kann verlangen, dass die getrennten Eltern alle Voraussetzungen für ein Wechselmodell schaffen müssen. Denn das ist auf vielerlei Gründen z.Bsp. finanziell und logistisch nicht möglich. Auch das vergangene Beziehungsverhalten der Ex Partner spielt eine große Rolle. Ebenso die bisherige Rolle des Vaters im Leben der Kinder.

Daher finde ich den Vorschlag von der Justizministerin Katarina Barley hoffnungsvoll, indem sie in einem Interview im Spiegel sagt, dass Familien besser entlastet werden sollen, damit ein Wechselmodel sich finanziell lohnt bzw überhaupt durchführbar ist. Im Moment profitiert davon – abgesehen von den Kindern – der besserverdienende Elternteil (meist der Vater), da er kein oder kaum Unterhalt zahlen muss. Hat die Frau der Kinder zuliebe auf einen Vollzeitjob oder ganz auf die Arbeit verzichtet, hat sie hier deutlichen den Nachteil. Ein Wechselmodell muss die Mutter sich erstmal finanziell leisten können. Als erster Ansatzpunkt der Politik muss die Rollenverschiebung ab dem Zeitpunkt der Geburt der Kinder im Fokus stehen.

Möchte der Gesetzgeber langfristig  ein Wechselmodell fokussieren, muss er bei der Sternstunde Geburt – KiTa Plätze, flexible Arbeitszeiten, Familienpolitik – ansetzen.

Das Wechselmodell ist und bleibt somit eine lohnenswerte Möglichkeit, welche sich allerdings in den nächsten Jahren immer mehr durchsetzen wird. Was den Kindern natürlich zu Gute kommt. Die Rollenbilder fangen langsam an sich zu verschieben. Vielleicht braucht es noch ein paar Jahre, bis das WM deutlich an gesellschaftlicher Akzeptanz dazu gewinnt. Bisher ist eine gleichberechtigte Erziehung beider Elternteile – hauptsächlich für die Mütter – ein Stigma.

Bitte liebe Politiker lasst uns das ganz schnell ändern.

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Bildquelle: Photo by Nick Karvounis on Unsplash

5 Kommentare zu „Kein Regelfall fürs Wechselmodell

  1. Aber es geht bei einem „Leitbild “ oder einem „Regelfall Wechselmodell“ oder wie man das immer nennen will, doch überhaupt nicht darum, dass allen Eltern das Wechselmodell aufgezwungen wird.
    Was Eltern ohne Gericht bilateral entscheiden hat immer noch Vorrang.
    Der entscheidende Unterschied ist bei einem „Leitbild Wechselmodell“ ist: Wenn die Eltern sich nicht einigen können, wird erstmal davon ausgegangen, dass beide erziehungsfähig sind, und das deshalb in gleichberechtigter Aufteilung gemeinsam die betreuung gestalten können. Es erfolgt also eine negative Kindeswohlprüfung, d. h. im Einzelfall wird nur geprüft, wenn der Vorwurf aufkommt, es wäre nicht mit dem Kindeswohl vereinbar, wenn der Vater betreut.
    Wie eich schon in meinem Blog zur Fakt Ist!-Sendung des MDR im letzten Jahr schrieb:
    „Durch die negative Kindeswohlprüfung ergibt sich quasi eine Beweislastumkehr: Nicht der Vater muss beweisen, dass es dem Kindeswohl entspricht, wenn er Alltag mit den Kindern verbringt, sondern die Mutter muss beweisen, weshalb dieses Modell nicht dem Kindeswohl entspricht. Väter werden somit nicht mehr pauschal als Kindeswohlgefährder betrachtet.“ (https://fatherleft.wordpress.com/2018/04/26/fakt-ist-man-redet-viel-unsinn/).
    Das heißt natürlich nicht das plötzlich alle in ein Modell gezwungen werden. Nur dadurch, dass die Eltern vor dem Gesetz mal als gleichberechtigt da stünden, würde sich der Druck für eine einvernehmliche Einigung erhöhen und somit die Anzahl der gerichtlichen Auseinandersetzungen verringern. Und das diese Hoffnungen sehr realistisch sind haben die Familienrechtsänderungen 1998 schon gezeigt, seitdem bei Scheidungseltern das Leitbild „gemeinsames Sorgerecht“ gilt haben sich die Sorgerechtsstreitigkeiten im Scheidungsfall deutlich verringert. Das hat Professor Proksch im Auftrag des Justizministeriums 2002-2003 in einer großangelegten Studie sehr schon gezeigt.
    Das Interview mit Frau Barley in den Tagesthemen hat sehr schon gezeigt, dass es Parteien wie der SPD eher um Besitzstandswahrung der Frauen aus der Versorgerehe geht.

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  2. Ach und bei einem großen Einkommens Unterschied der Eltern zahlt der besserverdienende Elternteil auch im Wechselmodell Unterhalt, allerdings unter dem Vorbehalt der beiderseitigen gesteigerten Erwerbsobliegenheit, d.h. es würde geschaut werden wozu sind beide Elternteile Leistungsfähig sind.

    Da gab es 2017 einen BGH-Beschluss zu:

    – Im Fall des Wechselmodells haben grundsätzlich beide Elternteile für den Barunterhalt des Kindes einzustehen. Der Unterhaltsbedarf bemisst sich nach dem beiderseitigen Einkommen der Eltern und umfasst außerdem die infolge des Wechselmodells entstehenden Mehrkosten (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 5. November 2014 XII ZB 599/13 FamRZ 2015, 236).
    – Der dem Kind von einem Elternteil während dessen Betreuungszeiten im Wechselmodell geleistete Naturalunterhalt führt nicht dazu, dass ein Barunterhaltsanspruch nicht geltend gemacht werden kann. Der geleistete Naturalunterhalt ist vielmehr nur als (teilweise) Erfüllung des Unterhaltsanspruchs zu berücksichtigen.
    – Der Unterhaltsanspruch kann in zulässiger Weise vom Kind gegen den besser verdienenden Elternteil geltend gemacht werden. Dass er sich auf den Ausgleich der nach Abzug von den Eltern erbrachter Leistungen verbleibenden Unterhaltsspitze richtet, macht ihn nicht zu einem nur zwischen den Eltern bestehenden familienrechtlichen Ausgleichsanspruch.
    – Das Kindergeld ist auch im Fall des Wechselmodells zur Hälfte auf den Barbedarf des Kindes anzurechnen. Der auf die Betreuung entfallende Anteil ist zwischen den Eltern hälftig auszugleichen. Der Ausgleich kann in Form der Verrechnung mit dem Kindesunterhalt erfolgen (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 20. April 2016 XII ZB 45/15 FamRZ 2016, 1053).

    https://www.isuv.de/bgh-beschluss-vom-11-01-2017-wechselmodell/

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  3. Guten Morgen Fatherleft, danke für deinen wertvollen Kommentar. Ich bin absolut bei dir, dass es das Ziel sein sollte, bei einer Trennung erstmal ein Wechselmodell für die Kinder in Betracht zu ziehen. Meine Meinung ist allerdings, dass eine Trennung so emotional behaftet sein kann, dass man erstmal Abstand voneinander braucht um sich klar zu werden, wie die Zukunft aussehen soll. Da tauchen so viele Fragen auf. Wenn die angestrebte Zukunft sich nicht mehr im Kilometer Umkreis des Kindergartens oder Schule abspielen soll/wird. Wenn der Kindsvater in der Beziehung gewalttätig war (zur Mutter) und die deswegen in ein neues Leben flüchten MUSS, was dann? Es sind mir zu viele Wenns und Aber, dass ich aus Frauensicht verstehen kann, dass ein pauschales WM nicht die Lösung ist. Und ja, wo hat dann die Mutter das Kind im Blick? Hat sie!!! Definitiv. Eine Mutter wird nie etwas entscheiden was schädlich für das Kind ist, aber sie muss auch schauen, dass sie heil aus einer Trennung kommt. Ihr in einer konfliktbehaftenden Trennung Kooperation mit dem KV aufzuzwingen …? Ich weiß nicht, ob das gut geht….

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  4. Dann spielt bei einer Entscheidung zum WM auch rein, wie sich der Vater während der Beziehung um die Kinder gekümmert hat. Hat er viel Anteil an der Erziehung gehabt? Dann sollte eine Mutter ihm dies nach einer Trennung auch nicht nehmen. Doch wenn der Vater eher Zaungast in der Familie war, wäre die teilhabende Zeit durch großzügigen Umgang weiterhin gegeben. Dann muss nicht unbedingt ein Wechselmodell her.

    Ich finde Diskussionen zum Wechselmodell immer sehr emotional und ich glaub eine pauschale Antwort wird es nie darauf geben. Trotzdem finde ich es gut, sich damit auseinanderzusetzen. Es ist wertvoll und bringt vor allem für die Kinder was!

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  5. Also was die Frage angeht, wie sehr sich der Vater innerhalb der Beziehung um die Kinder gekümmert hat, so ist das natürlich immer das gerne von Müttern gebrachtes K.O-Kriterium.
    Der Alltag mit einem Kind ist zum Glück keine Raketenwissenschaft. Das läuft in den ersten Wochen vielleicht noch etwas unrund, aber wenn man bereit ist sich darauf einzulassen, bekommt man das auch hin.
    Entscheidend ist deshalb für mich nicht, was man während der Beziehung getan hat, sondern wie weit man nach der Beziehung bereit ist sein Leben umzustellen.
    Klar wird jemand, der 60 Stunden die Woche für einen internationalen Konzern unterwegs ist, nicht die Bindung haben, dass das Kind nach der Trennung direkt bei ihm im Wechselmodell leben kann oder will. Ich würde auch vermuten, dass solche Menschen ihre Karriere viel zu nett finden, als das sie diese für ihr Kind riskieren wollen, Die bleiben lieber weiter der Familienfinanzierer. Die Grenze ist aber weit von der Forderung entfernt, man müsse sich schon der Beziehung massiv um die Kinder kümmern, um nach der Beziehung fürs Wechselmodell infrage zu kommen.
    Ich erlebe es auch gerade, dass man auch als finanzierender Elternteil eine sehr wichtige Bedeutung für die Kinder hat. Ich habe gerade mit meiner zweiten Frau gerade ihr erstes und mein drittes Kind bekommen. Ich erlebe ich es gerade mal wieder, wie das in einer normalen Familiendynamik abläuft. Mutter geht in Elternzeit, ein Einkommen bricht weg (da meine Frau sehr gut verdient hat, hat das Elterngeld nur knapp die Hälfte ihres Einkommens kompensiert) und irgendeiner muss das ja auffangen.
    In der Mehrheit der Familien ist es so, dass der Wunsch der Frau bestimmend für die Rollenverteilung ist.
    Meine Frau wollte natürlich auch die Zeit mit der Kleinen genießen und hatte schon Probleme die kleine jetzt mit 18 Monaten zur Tagesmutter zu bringen, was nötig würde, weil ihr Arbeitgeber ihr die Option fürs Homeoffice gestrichen hat.
    Außerdem habe ich aufgrund meiner Selbstständigkeit noch eher die Möglichkeit ihren Einkommensverlust zu kompensieren als es umgekehrt möglich wäre.
    Bei einem Unterschied von Durchschnitt 440 € bei den Elterngeldzahlungen ist das bei den meisten Familien nicht anders. Im Schnitt fehlen der Familie 220 € im Monat, wenn der Vater Elternzeit nimmt.
    Trotzdem fragt meine Tochter regelmäßig, wo ich bin. Wenn ich abends nach Hause komme freut sie sich auf Pappi und ist sie anhänglich. Und wenn mal nicht nach Hause komme, weil die anderen beiden Kinder nochmal einen Vaterabend haben, ist sie am nächsten Tag doppelt anhänglich.
    Auch wenn man innerhalb der Beziehung nicht die Hauptbetreuung betreibt, ist man doch ein nicht zu unterschätzender Bezugspunkt und die entscheidende Frage für mich sollte nicht sein, inwiefern hat man die Kinder vorher betreut, sondern inwiefern ist man nach der Beziehung bereit, die notwendigen Anpassungen in seinem Lebensablauf durchzuführen.
    Viele Männer, die ich kenne, haben nach der Trennung noch einmal sehr stark ihrer Prioritäten hinterfragt. Für die meisten ist Karriere immer noch ein Mittel um Familie haben zu können, wenn die Familie wegbricht ist auch einer der Anreize für die Karriere flöten.
    Zum Glück ist Trennung für mich und meine Frau kein Problem, aber wenn ich im Zuge der momentanen Wechselmodell-Diskussion, darüber nachdenke, wie es bei uns laufen würde, dann würde ich wieder meine Stunden reduzieren, und mir das auch mit meiner Frau teilen. Zum Glück habe ich diesmal eine Frau, die sich der Wichtigkeit beider Elternteile bewusst ist. Im jungen Alter würden wir das vermutlich im Zweitagesrhythmus wechseln, wenn das Kind dann älter ist auf eine Woche ausdehnen.
    Wenn „in der Beziehung=Nach der Beziehung“ sein soll, was die Kinderbetreuung angeht, wird das vor allem für die Frauen ein großes Problem werden.
    Wenn man sich jetzt darauf versteifen will, dass nach der Beziehung das Gleiche gilt wie in der Beziehung, kann das eigentlich nur heißen, dass Männer innerhalb der Beziehung schon die Trennungsoption mit einplanen müssen. Was das für die Stabilität der Beziehung bedeutet, kann man sich leicht ausmalen.
    Das Problem haben wir ja schon durch die halbgare Neuregelung des Sorgerechts bei unverheirateten. Das Kind ist da. Eigentlich sollte man sich freuen und plötzlich kommt Papa mit der Sorgerechtserklärung um die Ecke und Mama denkt „Hey wir sind ein Paar, natürlich entscheiden wir zusammen, aber warum will er das denn jetzt amtlich? Will er mich verlassen?“
    Ähnlich wäre es, wenn er sagt: „Hey ich bin mit dir zusammen, weil ich Familie möchte, aber wenn wir uns trennen sollten, will ich trotzdem Familie haben und nicht der Dumme sein, weil ich dir eine ausgiebige Elternzeit finanziert habe, also hopp 50/50 Elternzeit.“
    Wenn der Vater für den Fall der Trennung schon sein Betreungskontingent leisten muss bedeutet es auch, dass er in der Beziehung anfangen muss seine eigenen familiären Interessen wenigstens gleich wichtig zu nehmen, wie die der Mutter. Man sieht schon, wie viel Konfliktpotential das bei Trennungsfamilien bringt. Da ist einer der größten Konfliktherde bezüglich der gemeinsamen Erziehung, dass Männer nach der Trennung anfangen ihren eigenen Stil im Umgang mit den Kindern zu entwickeln, der nicht unbedingt das ist, was die Mutter in der Beziehung etabliert hat.
    Die Versteifung, dass die Sorgerechtsregelung nach der Beziehung der Sorge in der Beziehung gerecht werden muss, würden Männer darauf Konditionieren, innerhalb der Beziehung schon auf die Option der Familie nach der Konstellation zu planen. Für die Dynamik in den Familien wäre das nur ein Katalysator zur schnelleren Trennung,. Die schöne Zeit mit dem Kind wäre schneller nicht mehr exklusive Mutterzeit, als es auch heute noch vielen Frauen lieb wäre. Ich weiß auch wie anstrengend gerade die frühe Phase ist – und ich beneide Frauen für die Überdosis Oxytocin, welche sie durch die Geburtswehen produzieren – aber trotzdem ist das auch eine sehr schöne und erfüllende Zeit, was ich weiß, da ich bei meinem ersten Kind auch wesentlich mehr davon mitbekommen habe. In der überwältigenden Mehrheit der Beziehungen ist der Wunsch der Mutter diese Zeit zu haben bestimmend für die klassische familiäre Aufteilung. Gleich danach kommt die Frage, wer wie viel verdient.
    In letzter Konsequenz würde diese Überlegung sogar bedeuten, dass Männer sich sinnvollerweise überlegen müssten, bei der Partnerwahl schon darauf zu achten, dass sie nicht in die Verlegenheit kommen, als einziger den Einkommensverlust kompensieren zu können, sprich ein solides Einkommen, wäre plötzlich auch für Männer bei Frauen eine entscheidende Beziehungsgrundlage.
    Ich glaube deshalb nicht, dass es sich in Summe positiv für Frauen erweisen würde, wenn Männer schon innerhalb der Beziehung die mögliche Trennung im Hinterkopf haben müssen.
    Natürlich muss die Bereitschaft des Vaters da sein, sein Leben nach der Trennung umzustellen. Aber wenn diese Bereitschaft gegeben ist, halte ich es für absolut kontraproduktiv Männern die gleichberechtigte Betreuung strittig machen zu wollen, nur weil innerhalb der Beziehung beide entschieden haben, dass er mehr Arbeitet.

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