Entfremdung

Macht besitzt derjenige, der kontrolliert 

PA – Parental Alienation  *  Eltern – Kind – Entfremdung

Diesen Beitrag starte ich mit einem Filmtipp heute Abend in der ARD:

„Als Paar sind sie gescheitert, doch als Eltern teilen sich Julia und Tom nach der Scheidung das Sorgerecht für die Tochter Anni. Von ihren verletzten Gefühlen getrieben, beginnt Julia, das Mädchen systematisch dem Vater zu entfremden. +++ Julia Koschitz und Felix Klare in einem aufwühlenden Fernsehfilm über eine Familie im Sorgerechtsstreit. Im Anschluss zur Ausstrahlung im Ersten am Mittwoch, den 12.2. gibt es einen Talk zum Film online in der ARD Mediathek und auf DasErste.de.“

 

 

Ich habe mir den Film bereits gestern in der ARD Mediathek angesehen und bin seitdem sehr berührt und geschockt, wie eine Eltern-Kind-Entfremdung tatsächlich im Alltag passieren kann. Nämlich schleichend und kontrolliert, hier von der Mutter systematisch angewandt. Was das – vor allem – mit den Kindern macht, wird im Film deutlich gezeigt!

Die Zahlen sind erschreckend. Schätzungen zu Folge sind ein Drittel der Väter drei Jahre nach der Trennung von der Mutter entfremdet worden. Das Feindbild der Mutter ersetzt nach und nach das positiv besetzte Bild des Vaters. Die hassgefärbte Haltung der Mutter wird von den Kindern sukzessive übernommen. Gerade im Teenageralter halten Jungs zu ihren Müttern und erklären den Vater zum Feind. Söhne drücken die Ablehnung meist durch Wut und Aggression aus. Töchter solidarisieren sich mit der Mutter ebenso, aber sind hauptsächlich enttäuscht über den Vater, der die Familie verlassen hat. Sie fühlen sich persönlich auch verlassen.

Psychische Auswirkung einer Entfremdung sind klinisch belegt. Eine Beziehungsstörung zwischen Eltern und Kind führt meist zu einer Beziehungsstörung im Erwachsenenalter. Das erwachsene Kind hat Schwierigkeiten anderen zu Vertrauen und sich gänzlich auf Beziehungen einzulassen. Menschen, die traumatisiert worden sind, gehen zum Selbstschutz auf innerlichen Abstand. Viele junge Erwachsene mit einer Beziehungsstörung wirken auf den ersten Blick oberflächlich und wenig verbindlich.

Entfremdete und entsorgte Mütter kommen in Deutschland auf 10%. Männer, die ihre Expartnerin und Mutter der Kinder loswerden wollen, gehen in der Entfremdung aggressiver und zielgerichteter vor. Auch hier übernehmen Kinder oftmals die derbe und herablassende Wortwahl des Vaters, um die Mutter zu stigmatisieren oder abzuwerten.

Was genau ist Parental Alientation ? 

Der in 2003 verstorbene US Psychiater Richard Gardner hat nach jahrelanger Forschung die Theorie der Eltern-Kind-Entfremdung „Parental Alientation“ aufgestellt. Die Folgen, wie posttraumatische Belastungsstöhrungen und psychische und psychosomatische Erkrankungen, sind nachweislich belastend für die betroffenen Eltern und für die Kinder.  

Definition nach Warshaks aus dem Jahr 2005

1. Ablehnung oder Verunglimpfung eines Elternteils die das Ausmaß einer Kampagne erreicht, d. h. von Dauer ist, statt auf gelegentliche Episoden beschränkt zu sein.

2. Die Ablehnung ist unbegründet, d. h. ist nicht eine angepasste Reaktion des Kindes auf das Verhalten des ausgegrenzten Elternteils.

3. Die Ablehnung ist teilweise auf den Einfluss des anderen Elternteils zurückzuführen.

Alle drei Elemente müssen gleichzeitig vorhanden sein damit von PA gesprochen werden kann.

Die offensichtliche Entfremdung:

Das Ausgrenzen eines Elternteils – leider ist hier überwiegend die Mutter die „Täterin“ – ist häufig angewandte Praxis im Zuge des Scheidungsprozesses oder bei Sorgerechtsstreitigkeiten. Doch auch einzelne radikale Vertreter der Väterlobby greifen vermehrt diese Methode auf, um die Mutter zu verunglimpfen und um an ihr Rache zu nehmen.

Ausgrenzen entsteht durch Abwertung, Lügen und Manipulation. Die Folge ist das komplette Abwenden des Kindes vom „bösen“ Elternteil hin zum guten. Und Entfremdung geht schnell. Es gibt Berichte, dass Kinder innerhalb weniger Wochen in denen sie einer Gehirnwäsche unterzogen werden, sich komplett gegen den anderen Elternteil stellen. Ihn nicht mehr sehen wollen, nicht auf Nachrichten reagieren und sogar den Kontakt in ihrem Handy blockieren. Bei Facebook erlebe ich in einigen Gruppen das Ausmaß solchen Machtmissbrauchs. Es ist erschütternd, wie schnell und heftig sich die geliebten Kinder plötzlich abwenden. Und die Leidtragenden sind nicht nur die verstoßenen Eltern, sondern vielmehr die Kinder. Die Erwachsenen können sich professionelle Hilfe holen.

Doch wer steht den Kindern bei solch einer Situation bei?

Jüngere Kinder erleben die Eltern-Kind-Entfremdung meist durch Verschiebung oder Ausfall der Umgänge. Ein Kindergeburtstag hier, eine Familienfeier da. Das Kind ist krank und kann nur von Mama betreut werden. Plötzliches Schachern um das Freizeitangebot: „Meine Planung übertrumpft deine. Sie/ er will nicht zu dir.“ Kinder werden zum Spielball der konkurrierenden Eltern.

Ältere Kinder durchschauen solch ein Schauspiel und würden sich schnell solidarisch dem „Unterdrückten“ hinwenden, wenn das ein Elternteil mit ihnen machen würde. Um den anderen aus dem Leben zu werfen, werden hier viel schlimmere Geschütze aufgefahren. „Wenn dein Papa dich lieben würde, würde er dies oder das machen.“ „Mama hat sich getrennt, weil sie einen (zwei drei, vier) anderen hatte. Sie hat mich und dich betrogen.“ „Hör mir auf mit deinem Vater, wenn du wüsstest, was der mir damals angetan hat.“ Kinder haben ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden und würden sich (immer) auf die Seite des armen Opfers schlagen.

Erst werden Zweifel gesät und später Hass geerntet.

Ich möchte hier auch nochmal betonen, dass Wahrheiten natürlich ausgesprochen werden sollen. Das, wenn der Vater in der Ehe ein brutaler Schläger war, finde ich es richtig, dem Kind auch diese Gründe als Trennung zu nennen. Und jede Mutter wird versuchen ihr Kind vor so einem Menschen zu schützen. Jugendämter sehen das allerdings anderes. Wenn ein aggressiver Mann „nur“ gegen die Mutter die Hand erhoben hat und niemals gegen die Kinder, sind die Ämter der Meinung, dass das Kind ein Recht auf einen unvoreingenommenen Eindruck vom Vater hat. Hier bitte eigene Meinung bilden…

Die versteckte Entfremdung

Wenn einem Elternteil nach der Trennung weiterhin die Sonne aus dem Allerwertesten scheint, ist das per se kein Verbrechen. Wenn damit allerdings eine Wertung gegenüber dem anderen Elternteil stattfindet, dann wird es niederträchtig. Folgendes Beispiel: Der Ex lebt weiterhin im Haus und die Next zieht schnell nach der Trennung ein. Auf dem Spielfeld des Lebens wird quasi nur ein kurzer Wechsel vollzogen. Alle anderen Variablen bleiben gleich. Urlaube, Auto und soziales Umfeld bleiben weiterhin bestehen. Meist wird, um die Next zu beeindrucken, der Bestand an Luxus sogar noch aufpoliert und erweitert. Die Mutter, die aus dem Paradies verstoßen wurde, lebt fortan in einer neuen & beengteren Behausung. Egal welches nacheheliche Betreuungsmodell gewählt wird, die Ausgangspositionen könnten unterschiedlicher nicht sein. Die Mutter lebt allein mit den Kindern im Residenz- oder Wechselmodell. Sollte sich die neue Partnerin als geeignete Ersatzmutter herausstellen, wird um das Kind geworben. „Sind wir nicht eine richtige kleine Familie geworden?“ Entzückendes Lächeln auf den Lippen des Vaters und der Next. „Und sieh mal was wir uns alles leisten können. Bei Mama geht das ja leider nicht. Aber selbst schuld, sie hat sich ja getrennt und dich ins Unglück gestürzt.“ „Wenn ich deiner Mutter nicht soviel Unterhalt zahlen müsste, würde ich dir selbstverständlich morgen die neue Playstation kaufen.“ „Wie Mama fliegt mit euch dieses Jahr nicht in den Urlaub (Wieso tragt ihr Second Hand? Ein gebrauchtes Fahrrad?) Wozu zahle ich denn den ganzen Unterhalt? Aber eure Mutter konnte noch nie mit Geld umgehen. Sicher hat sie eure Sparbücher von der Taufe schon geplündert.“

Auf der nachehelichen Elternebene kann eine neue Form von Gewalt auftreten: nämlich die Finanzielle.

Der Ex zahlt nicht oder viel zu wenig. Gerade im Wechselmodell sind bei ungleichem Einkommensverhältnis die Berechnungen noch Auslegungssache der Anwälte und Richter. Auch bei selbständigen Ex-Männern wird für das Finanzamt die Bilanz rot gerechnet und für die Kinder sieht der Unterhalt dementsprechend dürftig aus. Gerade die Männer die mindestens 6-stellig im Jahr verdienen, sind genau die, die monatlich den Unterhalt mit Hass und Wut überweisen. Und zwar auf den Cent genau.

Somit wird den Kindern, von dem der die Zügel in der Hand hat, nämlich die Macht den anderen am ausgestreckten Arm verhungern zu lassen, suggeriert, der andere Elternteil wäre unfähig oder will den Kindern nicht das bieten, was sie verdient hätten. Sie meinen es ja nur gut. Sie wollen, dass es den Kindern an nichts mangelt und können nicht verstehen, warum der andere sich nicht ebenso sehr anstrengt. Sie gehen hart in der Kanzlei arbeiten, die Next bereitet ein schönes neues Heim und die leibliche Mutter in der Dreizimmerwohnung geht nur einem langweiligen Brotjob nach, obwohl sie viel mehr aus sich machen könnte. Die armen Kinder hätten es doch so viel besser mit dem Elite-Gymnasium um die Ecke. Ich übertreibe? Nicht ein bisschen. Probleme der Gutsituierten? Ja, sicherlich. Aber gerade in dieser Bevölkerungsschicht trifft man das Wechselmodell öfter an und genau da gibt es diese eklatanten Einkommensunterschiede. Ich bin der Meinung, wenn beide Elternteile finanziell nicht viel haben bzw. ungefähr gleichauf sind, dann gäbe es diese Art von Entfremdung nicht.

Eine weitere Form der Entfremdung ist die Verheimlichung der Kontaktaufnahme. Im heutigen Zeitalter der Smartphones immer schwerer durchführbar, aber gerade bei kleineren Kindern absolut gängiges Mittel, um das Kind in Trauer und Enttäuschung zu stürzen. „Ob Papa angerufen hat? Nein mein Schatz, leider nicht.“ Und der Vater wartet seit Tagen auf einen Rückruf seines Kindes. Briefe und Geschenke werden abgefangen. Das Kind wird überall hingefahren und begleitet, damit der Vater oder die Mutter nicht unerlaubt Kontakt an der Schule oder beim Sportverein auftauchen kann.

Nicht eine einzelne Situation, wie in diesen Abschnitt beschrieben, an sich ist eine absichtliche Eltern-Kind-Entfremdung. Mütter wie Väter begehen Fehler auf Kosten ihrer Kinder zum Wohl ihrer eigenen Interessen. Das kommt gerade in der hochsensiblen akuten Trennungssituation vor. Unbedachtes emotionales Handeln ist bis zu einem gewissen Punkt entschuldbar.

Es geht hier um die Summe all dessen, inkludiert mit der Absicht das Kind vom Ex willentlich zu entfremden und dies ist eine Straftat:

Gewalt (auch seelische) an Kindern ist in Deutschland strafbar und ein Recht auf gewaltfreie Erziehung ist fest im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert §1631.

 

Foto Quelle: unsplash – Danke an Joel Overbeck

Ein Kommentar zu „Entfremdung

  1. Ich habe es als Vater am eigenen Leib erlebt.
    Meine Tochter war 12 als ich mich getrennt habe. Zuerst ist sie noch regelmäßig gekommen und mit 16 J. hat sie den Kontakt ohne Begründung abgebrochen. Das ist jetzt 7(!!!) Jahre her.
    Mein Sohn, der 2 Jahre jünger ist, hat sich aber nur kurzzeitig beeinflussen lassen. Er hängt jetzt immer noch sehr an mir und hat genau verstanden, was seine Mutter versucht hat.
    Meine Tochter kommt gegen die Dominanz der Mutter nicht an. Selbst jetzt mit 23 J. noch nicht.

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